von Tommy Helber
Ich war einer von den ca. 7000 Gästen, die am
8. Juli 2011 den letzten offiziellen, öffentlichen
Auftritt von Musik-Legende Jon Lord in der Royal Albert
Hall miterleben durften. Deshalb war es eine
Selbstverständlichkeit abermals nach London zu
pilgern, als seine musikalischen Weggefährten
zusammen mit der gemeinnützigen Organisation
"The Sunflower Jam" für den 04.04.2014
zur "Sunflower Jam 2014: Celebrating Jon Lord"
einluden.
Ich sollte dies nicht bereuen. Mit wenigen Ausnahmen -
wohl alle, als Jon noch dabei war - war dies einer der
außergewöhnlichsten Musik-Events, die ich je
besucht habe. Jeder der Anwesenden schien wirklich
ausschließlich deshalb gekommen zu sein, um Jon zu
ehren - jeder gab sein Bestes, die Dinge musikalisch so
zu inszenieren, "wie es Jon getan und gemocht
hätte".
Der Abend begann, nach ergreifenden Worten von Vicky
Lord, betont klassisch - aber auch das 89-köpfige
Orion-Orchester und Dirigent Paul Mann sowie die
"House-band" schienen sich der Tragweite der
Veranstaltung sehr bewusst zu sein und boten nie
erreichte Versionen u.a. von "All Those Years
Ago", "Pictured Within", "One From
The Meadow", wobei Steve Balsamo, Miller Anderson
sowie die fabelhafte Margo Buchanan die jeweiligen
Gesangsparts übernahmen. Dazwischen die
orchestralen Werke wie u.a. "Durham Awakes",
"Sarabande" sowie ein unglaubliches
"Bourree". Der erste Teil endete mit einer
Gedicht-Lesung von Jeremy Irons, musikalisch untermalt
am Flügel von Paul Mann.
Nach einer Pause kam zum Auftakt des zweiten Sets Paul
Weller mit einigen Titeln von "The Artwoods" auf die
Bühne. Phil Campbell, Bernie Marsden und - von da
an - Ian Paice an den Drums, gaben eine launige Version
von "I'm Gonna Stop Drinking" zum
Besten. Danach gab sich Steve Balsamo zusammen mit Sandi
Thom die Ehre und die beiden zelebrierten ein
herzzerreißendes Duett und mit "Soldier of
fortune" gleichzeitig das erste Deep
Purple-Stück des Abends. Dann sagte Bob Harris die
beiden nächsten Gäste an: Don Airey und Glenn
Hughes. Als Glenn auf die Bühne kam, bemerkte jeder
im Saal, dass dies ein außergewöhnlicher
Moment werden würde. Bruce Dickinson gesellte sich
hinzu. Allein die Anwesenheit dieser vier Herren -
gleichzeitig auf einer Bühne - versetzte das
Auditorium in Ekstase. Was dann kam, war ein emotionaler
Moment, den ich nur noch mit dem allerersten Mal
vergleichen kann, als ich DP 1985 live sah. Glenn
startete die Bass-Linie zu "You keep on
moving" und sofort sprang ein Funke über. Die
beiden - Glenn und Bruce - passten hervorragend
zusammen. Auch beim energie-geladenen "Burn", das nun
folgte und die Emotionen wieder in den "Rock-Modus"
brachte - "Burn" mit Orchester! Einer meiner feuchtesten
Träume ging in Erfüllung! Dann wurde es sehr
emotional, denn es folgte "This time around" -
gesungen von Glenn alleine. Das war soo bewegend
(...auch weil es das einzige Stück ist, das er
ausschließlich mit Jon zusammen komponiert hat...)
und ich hatte an diesem Abend nicht das erste Mal
Tränen in den Augen. Glenn war umwerfend,
fabelhafte Stimme - die Songauswahl noch besser - wenn
man mich gefragt hätte, was Glenn singen soll, es
wären genau diese drei Titel gewesen. So
entwickelte sich eine "real magic night" ... man
glaubte, die RAH sei ein Raumschiff und alle heben
gemeinsam ab ... so etwas lässt sich nicht
inszenieren ... so etwas geschieht einfach ...
Wer nun dachte, das kann nicht mehr getoppt werden (ok,
darum geht es ja eigentlich auch gar nicht) sah sich
eines besseren belehrt. Deep Purple kamen auf die
Bühne und zeigten mit Abstand das Beste, was ich
von ihnen in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Mit
"The Uncommon Man" und "Above and Beyond" machten sie
gleich klar, dass sie eine aktuelle Band sind und das
Deep Purple 2014 noch immer "Deep Purple"
sind! Beide Songs mit voller Orchester-Begleitung -
einmalig! Danach dann noch fünf echte
Purple-Klassiker, teilweise sehr ungewöhnlich
arrangiert. "Lazy" mit
Gitarren-Violinen-Duell, "Perfect Strangers"
erstmals mit dem von Jon komponierten "Intro
für Orchester". (Die komplette Setlist folgt
im Anschluss). Paicey hatte sich ja schon warm gespielt,
Roger gewohnt gut gelaunt und solide, Don war sichtlich
inspiriert von der Anwesenheit von Rick Wakeman, Steve
war mit jeder Note einmal mehr brillant, Ian sang so gut
wie seit langem nicht mehr. Doch das war "nur"
das Sahnehäubchen auf einem musikalischen
Ausnahme-Abend. Alle Beteiligten waren gekommen, Jon
Lord die Ehre zu erweisen und sein
außergewöhnliches, musikalisches Lebenswerk
zu "zelebrieren". Deshalb hat unter den
musikalischen Weggefährten aus Jons Leben auch
"keiner gefehlt" und es war auch "keiner
zu viel". Alle, die da waren, wollten das so -
...und das hat man dem musikalischen Output
angemerkt.
Ein Moment in der Rock-Musik, der meiner Ansicht nach in
die Geschichtsbücher Einzug halten wird. Ich war
wohl nicht der einzige, der das so sah. Die Menschen in
der Royal Albert Hall zeigten unglaubliche Begeisterung
und das waren nicht nur "Fans". Doogie White
war z.B. dort (...habe inzwischen auch eine Kritik von
Doogie gelesen, der das ganz ähnlich sieht...), in
der Loge direkt hinter mir saß Danny Bowes
(Sänger von "Thunder"), der 2011 noch mit
am Start war, als Jon hier sein letztes Konzert gab. Nur
hier konnte dieser Abend stattfinden ... nur hier. Ich
fühle mich gesegnet dort gewesen zu sein.
Musik dieser Größenordnung wird immer zeitlos
sein - sie lebt einfach weiter! Unforgettable Jon
Lord!
Für alle, die nicht das Glück hatten an diesem
Abend vor Ort zu sein gibt es den kleinen Trost, dass es
diese Show als Film-Mitschnitt geben wird!
Tommy Helber, Bonn
Jon Lord auf der Leinwand bei "Above and Beyond"
Glenn Hughes, Bruce Dickinson, Ian Paice, Don Airey auf der Bühne
Adapted
from "The Highway Star":
Direct from Paul Mann, here's the complete setlist of the
evening of April 4, 2014:
1. Jimmy Smith playback as audience arrives
Introductory remarks by Vicky Lord
Introduction by Bob Harris
2. Fantasia from Sarabande
House Band/Orch.
3. Durham Awakes from Durham Concerto
Orchestra
Jacqueline Martens (Violin)
Matthew Barley (Cello)
Kathryn Tickell (Northumbrian Pipes)
Nigel Hopkins (Hammond Organ)
4. All Those Years Ago
Steve Balsamo (vocals)
Anna Phoebe (violin)
Micky Moody (guitar)
(Orchestration by Paul Mann)
5. Pictured Within
Miller Anderson (vocals)
Matthew Barley (cello)
Nigel Hopkins (Piano)
6. Sarabande from Sarabande
House Band/Orch.
With Rick Wakeman (keyboards)
7. One From The Meadow
Margo Buchanan
Wix Wickens (piano)
Murray Gould (guitar)
World Premiere of orchestral introduction by Jon Lord
Song orchestration completed by Paul Mann
8. Bourree from Sarabande
House Band/Orch.
9. Afterwards
(Poem by Thomas Hardy; Music by Jon Lord)
Jeremy Irons (Speaker)
Paul Mann (Piano)
INTERVAL
10. Introductory remarks by Joe Brown.
11. I Take What I Want/Things Get Better (Artwoods)
Paul Weller/House Band
12. Silas & Jerome (PAL)
13. I'm Gonna Stop Drinking
Phil Campbell (vocals)
Bernie Marsden (guitar)
Andy Wallace (Hammond)
Nick Fyffe (Bass)
Ian Paice (Drums)
(Orchestration on "I'm Gonna Stop Drinking" by Richard Whilds)
14. Soldier of Fortune
Steve Balsamo/Sandi Thom
(Orchestration by Jon Lord)
15. You Keep On Moving
16. Burn
Glenn Hughes, Bruce Dickinson, Ian Paice, Don Airey, Rick Wakeman
(Orchestrations by Richard Whilds)
17. This Time Around
Glenn Hughes
Wix Wickens (piano)
(Orchestration by Richard Whilds)
DP Set
18. Uncommon Man (Orchestration by Paul Mann)
19. Above and Beyond (Orchestration by Paul Mann)
20. Lazy (with Stephen Bentley-Klein, violin)
21. When A Blind Man Cries (Orchestration by Paul Mann)
22. Perfect Strangers
(World premiere of full orchestral introduction by Jon Lord;
Song orchestration by Jon Lord & Paul Mann)
23. Black Night
24. Hush (Orchestration by Paul Mann)
with Rick Wakeman, Bruce Dickinson, Murray Gould, et al
Orchestra is
the Orion Orchestra with Paul Mann
conducting.
House band:
Nigel Hopkins and Wix Wickens (Keyboards)
Murray Gould (Guitar)
Jerry Brown (Drums)
Neil Murray (Bass)
Mario Argandona (Percussion)
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