Ritchie Blackmore & Christian
alias
Doc Holliday & White Earp |
Geboren bin ich 49 Tage bevor die Berliner Mauer gebaut wurde.
Gute 10 Jahre später (ich war etwa 10 Jahre alt...) entdeckte
ich noch vor der Pubertät mein Interesse als Konsument
von Musik. Die ersten Singles die ich mir kaufte (und die
ich heute noch besitze) waren so ziemlich alle von The Sweet,
Slade und Suzi Quatro. Im Radio machte ich mich in der Sendung
"RIAS Treffpunkt" nach und nach mit anderen Gruppen
wie Black Sabbath, Uriah Heep, Led Zeppelin und auch mit Deep
Purple vertraut. Im Sommer 1974 waren mir vielleicht lediglich
eine handvoll Deep Purple-Lieder ein Begriff, darunter "Child
In Time" und "Smoke On The Water". Eine Klassenkameradin
von mir wollte sich mal meine 12 Singles von The Sweet zum
Aufnehmen ausborgen und brachte ebenfalls etwas zum Aufnehmen
mit. Es waren einige LPs von ihrem Vater, u.a. Iron Butterfly
"In-A-Gadda-Da-Vida", Jethro Tull "Aqualung",
"Benefit" & "Thick As A Brick" sowie
vier LPs von der Band, die fortan mein Leben mitbestimmen
sollte: Deep Purple. Es waren die LPs "Deep Purple",
"Deep Purple In Rock", "Machine Head"
und "Who Do We Think We Are". Als erstes legte ich
"In Rock" auf, weil das Cover mir so gut gefiel.
Etwa fünf Sekunden vom Anfang von "Speed King"
genügten und ich wusste: "Diese Platte wirst Du
ewig dudeln. Wow! Was für ein Gitarrengewitter!"
Tja, seit diesem Donnerstag, dem 10. Oktober 1974, bin ich
Deep Purple-Fan. Ich habe mich nur sehr geärgert (und
ärgere mich heute noch darüber), dass mir die 4
LPs nicht schon zwei Wochen vorher in die Hände gefallen
sind, denn dann hätte ich mir nämlich Deep Purple
am 25. September 1974 in der Berliner Deutschlandhalle angeguckt,
zumal mir schon Anfang September mein bester Freund ein vom
Berliner Senat subventioniertes Schüler-Ticket für
2,50 DM (ja richtig gelesen, Zweimarkundfünfzigpfennige)
x-mal schmackhaft gemacht hatte. Schicksal. Die regulären,
bis 1974 erschienenen LPs kamen nach und nach zum Geburtstag
oder zum Weihnachtsfest hinzu, die ersten Singles wurden nachgekauft
bis mich die Nachricht der Auflösung von Deep Purple
im Juli 1976 (der Monat der offiziellen Auflösung) doch
ziemlich enttäuschte. Musste man halt mit leben, und
parallel gab es ja bereits Ritchie Blackmore´s Rainbow,
die ich dann am 15. Oktober 1977 zum ersten Mal in Berlin
live gesehen habe. So ohne Auto und Führerschein musste
ich mich auch in den nächsten Jahren aufgrund der Mauer
auf Konzerte in Berlin beschränken. Meine Platten-Sammelleidenschaft
schränkte ich nicht ein und kaufte was der Taschengeldparagraph
hergab. Dann, mein erster Bootleg: Für 50,- DM war es
"Prisoners Of Rock", den ich 1980 erwarb. Ähnlich
wie sechs Jahre zuvor beim ersten Hören von "Speed
King" hat mich nun eine über 30 Minuten lange Version
von "Mandrake Root" aus den Socken gehauen. Bis
heute ist "Mandrake Root" aus Aachen 1970 für
mich das, was ich mit dem Namen Deep Purple verbinde: Lange
Orgel- und Gitarrenläufe erster Sahne. Ian Gillan ist
zwar zugedröhnt bis zur Schädeldecke, aber diese
unerwarteten Momente sind es, die dafür sorgten, dass
ein Deep Purple-Konzert nie dem anderen glich. Anfang der
achtziger Jahre des letzten Jahrtausends verfolgte ich regelmäßig
die "Monday Rockshow" auf dem Alliierten-Sender
"BFBS", und dann hörte ich im April 1984 im
Radio die Nachricht, dass es Deep Purple im legendären
MK II Line-Up wieder gibt!!! Die LP "Perfect Strangers"
klang für mich beim ersten Hören wie Rainbow mit
Ian Gillan als Sänger und damit anders als ich es mir
vorgestellt hatte, aber trotzdem gut. Dann endlich mein erstes
Deep Purple-Konzert am 08. Juli 1985 beim Open Air Festival
in Nürnberg. Mit meinem Freund Frank, der mir das Konzert
von 1974 voraus hatte, erlebte ich das, worauf ich nun 11
Jahre gehofft hatte.
Weitere Konzerte folgten 1987, u.a. wieder in Nürnberg,
und ich beschloss, meine Flittertage in Nürnberg zu verbringen,
allerdings erst im Oktober 1987. Ich war in der glückliche
Lage, mein Hobby zum Beruf machen zu können und arbeitete
fortan den Rest des Jahrtausends im Plattenladen, was mir
nebenbei Kontakte zu vielen anderen Personen aus der Plattenindustrie
einbrachte.
1989 wurde mein Sohn geboren. In meinem Geburtsjahr wurde
die Mauer errichet, in seinem wurde sie wieder abgerissen
(aus Angst davor, dass die Mauer wieder gebaut werden könnte,
habe ich es bei einem Kind belassen...). Mein erster positiver
Kontakt zu einem Ossi geschah drei Tage nach dem Fall der
Mauer. Ich lernte meinen Freund Jörg Schulz kennen und
nannte ihn die erste Zeit aufgrund seiner Sympathie zu Black
Sabbath "Ozzy der Ossi". Ebenfalls 1989 flog Ian
Gillan bei Deep Purple raus und machte solo weiter.
Die Kontakte durch die Tätigkeit im Plattenladen trugen
viele Früchte. Auf diesem Wege z.B. erhielt ich eine
Einladung zur "Slaves And Masters"-Record-Release-Party
am 16. Oktober 1990 in der "Großen Freiheit"
in Hamburg. So erlebte ich die Deep Purple-Musiker zum ersten
Mal hautnah. Schon wieder Wow!
Jörg besuchte mich regelmäßig im Plattenladen.
Er ist Journalist und bot mir an, bei einem Interview mit
Ian Gillan am 08. Oktober 1991 teilzunehmen. Wow!
Zu diesem Zeitpunkt gründete sich der Ian Gillan Fan
Club "The Voice" in Bremen. Ich war zwar schon im
englischen FC "DPAS" - aber egal - und fing an,
die ersten kümmerlichen Platten- und CD-Reviews für
"The Voice" zu verfassen.
Ebenfalls im Oktober 1991 wurde ich noch geschieden, die nächsten
2 1/2 Jahre waren mir die Frauen so ziemlich egal und ich
gönnte mir eine Deep Purple-Überdosis, u.a. 12 Konzerte
1993, inkl. Kopenhagen und Prag, sowie 10 Konzerte 1994. Dadurch
wurde der Kontakt zur Band zwar nicht privater, trotz einiger
gemeinsam gezischter Biere, aber ein tolles Gefühl ist
es auch heute noch, mit der Band zu plauschen.
Apropos plauschen. Dank Jörg hatte ich die Gelegenheit,
im Laufe der Jahre an einigen Interviews mit mir "liebgewonnenen"
Personen teilzunehmen. Neben Ian Gillan waren das Jon Lord,
David Coverdale, Glenn Hughes und der Oberhammer überhaupt:
Ritchie Blackmore. Ach ja, Joe Lynn Turner habe ich mal selbst
interviewt, für unseren geliebten Fan-Club "The
Aviator", wobei mir auch noch das Gespräch von Andree
mit "Concerto"-Dirigent Paul Mann in Dortmund einfällt.
Bei allen Gesprächen ist mir aufgefallen, dass keine
der Personen irgendwelche Starallüren hat, alles stinknormale
Leute. Trotzdem werden sie bis heute von Millionen von Fans
angehimmelt, mich eingeschlossen.
Auch wenn die kreativen Glanzzeiten von Deep Purple schon
lange vorbei sind, finde ich es toll, wie diese Band inzwischen
30 Jahre mit mir durch´s Leben schreitet.
Ich danke meiner Frau Britta dafür, dass sie diesen ganzen
Fankult mitmacht, obwohl sie das nicht die Bohne interessiert.
Außerdem danke ich meiner alten Schulkameradin Ariane
Schießler für das Ausborgen der 4 LP´s. Wer
weiß, was ich heute hören würde, hätte
sie es nicht getan.
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