von Evi Ivan
Eine etwas emotionale Betrachtungsweise über das Konzert in
München
Mein "Jetleg" der letzten Nächte ist noch nicht
ganz überwunden, es hindert mich jedoch nicht, meine
Eindrücke rund um das Konzert von München los zu
werden.
Für mich ist ein DP-Konzert immer mit sehr schönen
gemeinsamen Treffen von Freunden vor und nach der Show
verbunden. Es ist ein Anlass, Freunde aus Kanada, England, der
Schweiz, Wiesbaden etc. mal wieder zu treffen und ich
genieße diese gemeinsame Zeit sehr.
Wir hatten sehr viel Spaß zusammen, auch wenn natürlich
der Schlaf darunter leidet. Langsam merke ich, dass ich alt werde
und das nicht mehr so wegstecken kann, aber ich habe jede Minute
genossen.
Zum ersten mal probierten wir Sitzplätze aus. Wir hatten eine
gute Sicht von Steve Morses Seite, etwa in der Mitte und
erhöht. Für mich war es ein großartiges
Erlebnis. Sitzplätze sind sehr bequem (auch da ist mir
bewusst, dass ich älter bin) und zum ersten mal musste ich
mich nicht verrenken, um etwas zu sehen. Mir bot sich eine
gigantische Aussicht auf die Bühne.
Durch die letzen Berichte im Aviatorforum und auch in Snakebites
Forum, die sich ja sehr gegensätzlich ausdrückten, war
ich gespannt, wie die Band drauf war. Wie ich schon öfters
geschrieben hatte, bin ich der Meinung, die Band sollte nicht so
viel herumtouren, weil sie dann zu routiniert wirkt und auch
ausgelaugt ist. Meine Besorgnis war unbegründet.
Nach Frank Sinatras Swing ging eine frische, großartige Band
auf die Bühne. Wie sie das machen, ist mir ein Rätsel,
wenn es Routine war, konnten sie sie jedenfalls gut
vertuschen. Sie wirkten überhaupt nicht routiniert, sondern
guter Laune und entspannt. Entspannt war auch die Stimmung in der
(soweit ich das beobachten konnte) ausverkauften
Olympiahalle. Alles wirkte relaxed, harmonisch. Dazu kommt, dass
auch seitlich wo wir saßen, der Sound sehr gut abgestimmt
war.
Ich muss Gillan lassen, dass er wirklich alles gab. Er war nicht
perfekt, aber ziemlich gut, jedenfalls besser als an manch anderen
Konzerten, die ich besuchen durfte. Trotz seiner ungesunden
Schlankheit und seines etwas "hölzernen" (danke
Kalle für den Ausdruck), jedoch sehr vitalen Herumgehupfe
wirkte er völlig entspannt und hatte Spaß mal hier und
da herumzublödeln. Von Anfang an hatte er das Publikum in
der Tasche. Bei "Kontakt Lost" erwähnte er den
verstorbenen Fotografen "Pyro", mir gefiel es, dass
dieser Song ihm gewidmet war.
Steve lächelte und schien viel Freude mit den Fans in der
Arena zu haben, auch er überraschte mich mit viel spontaner
Improvisation. Ich verstehe die negative Kritik über ihn
überhaupt nicht und will sie ehrlich gesagt auch nicht mehr
lesen. Es langweilt mich, dass ständig völlig
unbegründet auf ihm herumgehackt wird, nur weil viele Fans
sich an ihre Jugendzeit zurückerinnern wollen und alles mit
Ritchie rosarot sehen, was es in Wirklichkeit nicht immer
war. Steve Morse ist ein fester Bestandteil der Band, sorgt
für Harmonie und ich glaube er müsste mittlerweile fast
genauso lange dabei sein, wie es Ritchie damals war. Steve Morse
ist ein Gitarrengott, der seine Individualität bewahrt hat
und ich bewundere ihn dafür sehr. Er kopiert nichts und hat
das auch nicht nötig.
Ich verneige mich vor Don Airey. Unglaublich, was er da alles so
an den Tasten hervorzauberte. Mir gefallen seine schrägen
jazzigen Einlagen sehr. Irgendwie konnte ich Keith Jarrett oder
auch George Gershwin heraushören. Was für ein
großartiger Keyboarder. Sogar seine kleine Einlage "in
München steht ein Hofbräuhaus" kam etwas
schräg und sehr kreativ rüber.
Der routinierteste der Band war Paicey. Ich hatte den Eindruck, er
spielte nur das, was er spielen musste. Es gab kein Solo und auch
keinen "One Handed Roll". Der für mich beste
Rockdrummer der Welt schonte sich ein wenig, machte eben
"nur" seinen Job, im Gegensatz zu den anderen
Bandmitgliedern.
Roger sagte mal in einem Interview, sobald er auf der Bühne
steht, ist alles andere vergessen. Nur die Audienz mit dem
Publikum und das Zusammenspielen mit der Band zählt und genau
das traf auf ihn zu. Er schien sehr viel Spaß und
Kreativität zu haben, war sehr relaxed und guter
Dinge. Genauso gut spielte er auch. Einmal saß er sogar bei
den Fans am Bühnenrand, machte seine Späße mit
ihnen, genauso wie er mit Steve oder Gillan
herumblödelte. Sein Solo zu Black Night gefiel mir sehr gut.
Die Setliste war für mich ausgewogen, mir gefiel besonders
"The Battle Rages On". Ich bekam Gänsehaut als der
instrumentale Teil sich steigerte, es war unbeschreiblich
schön. Auch "Knocking At Your Backdoor" war
für mich ein großartiger Leckerbissen, einfach, weil
ich diesen Song nur einmal Life erlebt habe. Genauso wie viele
andere Fans habe ich den Marathon der drei ersten Lieder als etwas
gehetzt und unpersönlich empfunden. Schade auch, dass sie
"Sometimes I Feel Like Screaming " so sehr
kürzen. Da kommt die Routine raus, die nicht sein
müsste. Auch empfand ich, dass die Lieder allgemein etwas
langsam gespielt wurden, aber da kann ich mich auch täuschen.
Das Konzert zählt zu den besseren, die ich gesehen habe, es
war ein großartiger Abend, sehr beeindruckend und voller
Harmonie. Die Harmonie setzte sich dann mit meinen Freunden den
Abend und den nächsten Tag fort. Diese schönen
Eindrücke muss ich jetzt erst mal verarbeiten und ordnen.
Für Deep Purple freut es mich, dass sie jetzt erst mal Pause
machen, ich meine das nicht im negativen Sinne, wie gesagt, sie
verblüfften mich mit einem großartig, einzigartigem
Konzert, nur ich finde, sie MÜSSEN sich mal
erholen. Besonders Gillan sollte wieder etwas mehr zunehmen. Ich
bin sehr froh, dass es sie noch gibt, diese wundervolle,
großartige, beste Rockband der Welt, nur möchte ich
natürlich, dass sie uns noch erhalten bleibt und dazu
gehören nun mal ausgedehnte Ferien.
|