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Glenn Hughes - Live 2008
Dortmund, Domicil, 21.09.2008

von Lars Wehmeyer

"Glenn Hughes Acoustic Set" - "An Evening with Glenn Hughes" - "Unplugged" - obwohl diese Ankündigungen nicht so ganz das trafen, was ich normalerweise mit Glenn Hughes in Verbindung bringe, erinnerte ich mich doch noch an das einige Jahre zurückliegende Hughes-Turner-Konzert in der Zeche in Bochum und meinen damals gefassten Entschluss, Glenn Hughes noch einmal live erleben zu wollen.

Zunächst war vor dem Dortmunder Domicil aber Geduld angesagt: schon an den Außentüren hingen ausgedruckte Zettel, die eine Verschiebung des Konzertes wegen eines verspäteten Fluges ankündigten - wenigstens wussten wir so gleich Bescheid und konnten noch eine Runde um den Block laufen, um die Vorfreude noch etwas zu steigern. Gegen 20 Uhr begaben wir uns dann zuerst in den Club, in dem häufiger Jam-Session und kleinere Veranstaltungen stattfinden.

Um kurz nach 21 Uhr wurden dann die Türen geöffnet und wir konnten sehr gute Plätze in der dritten Reihe ergattern - obwohl die übersichtliche Größe des Saals dafür sorgte, dass es eigentlich keine schlechten Plätze gab.

Nach kurzem rhytmischen Aufmunterungsklatschen betraten dann de beiden Akteure des Abends die Bühne: Anders Olinder, seines Zeichens Pianist und Keyboarder in Glenns aktueller Band-Besetzung, sowie natürlich Glenn Hughes - beide ganz unspektakulär in Jeans und T-Shirt, was neben dem kleinen Saal den Eindruck, Glenn Hughes "zum Anfassen" zu haben, noch verstärkte.

Der erste Song, "Coast to Coast" zeigt, worauf man sich an diesem Abend einzustellen hatte: Anders spielt auf dem Flügel, Glenn Hughes spielt Gitarre und singt genau so, wie man das von ihm erwartet: in Sekundenbruchteilen wechselt er von tiefen in höchste Lagen, schreit scheinbar mühelos, aber immer zur Musik passend Töne heraus, bei denen man sich unwillkürlich fragt, wo genau die jetzt gerade herkamen. Auf der anderen Seite stehen sehr gefühlvolle Passagen, so dass immer eine ganz besondere, individuelle Interpretation der Songs herauskommt.

Als dritter Song folgt der erste wirkliche Höhepunkt für Deep Purple-Fans: Glenn Hughes sagt einen Song an, den eigentlich David gesungen hätte, aber er hat ihn gefragt, und er singt ihn nicht mehr, darum spielt er jetzt "Mistreated". Mit Untertützung des Publikums gelingt ihm eine beeindruckende akustische Version dieses DP-Klassikers.

Nach dem Song kommt Glenn noch einmal kurz auf seinen ehemaligen Bandkollegen David Coverdale zu sprechen - und parodiert auf liebevolle Weise, wie er zu Beginn ihrer Zusammenarbeit sprach und sich bewegte - "he's from Yorkshire, you know".

Das nächste Deep Purple-Highlight ist "Sail Away" vom "Burn"-Album. Danach wechselt er zu Songs von seinem aktuellen Album "First Undergrond Nuclear Kitchen" (kurz: FUNK) und wünscht sich die guten alten Zeiten zurück, als die Bandmitglieder noch selber langwierig auf der Bühne ihre Instrumente stimmen mussten (so wie er selber an diesem Abend).

Nach "This Time Around", einem Song, auf den die reichlich vetretenen DP-Fans sicher auch gewartet haben, folgt "Sea Full", bei dem ihm eine Saite reißt. Er signalisiert seinem Pianisten, dass es trotzdem weiter geht und spielt den Song mit leicht scheppernder A-Saite weiter - immerhin ist er als Bassist sowieso weniger Saiten gewohnt...

Während sein Tontechniker eine neue Saite aufzieht, beantwortet Glenn Fragen aus dem Publikum - er fände eine MK III-Reunion von Deep Purple "phantastisch für die Fans", aber es klang doch recht deutlich mit, dass er die ganze Sache für nicht sehr wahrscheinich hält. Er sieht sich selbst als Vermittler, der aber wohl die anderen Bandmitglieder nicht dazu überreden könnte, noch einmal gemeinsam für einen Fesival-Gig auf die Bühne zu gehen. Auf die Frage nach "Child In Time" antwortet Glenn, dass er diesen Song nicht mehr singen möchte (obwohl er es könnte), weil das einfach nicht "sein" Song ist. Er habe sich auch bei Deep Purple nicht richtig wohlgefühlt, wenn er mit David Coverdale beispielsweise "Space Truckin'" gesungen hat - genauso wie der aktuelle DP-Sänger singt auch er lieber die Songs, die er mitgeschrieben hat.

Als die Gitarre dann wieder vollständig bespielbar ist, folgt noch "Holy Man" und als Zugabe, nach einigem ausdauernden Klatschen, das erhoffte "You Keep On Moving". Nach dieser Zugabe ist allerdings dan auch endgültig Schluss, was uns die aufflammende Saalbeleuchtung deutlich macht. Allerdings stellte sich Glenn nach der Show noch seinen Fans, gab Autogramme und beantwortete neben dem Bühnenaufgang Fragen.

Alles in allem war es ein sehr gelungener und runder Abend, mit mehr bekannten Deep Purple-Songs als ich ursprünglich erwartet hätte - ich war also positiv überrascht. Wieder einmal hat Glenn Hughes, diesmal auf ganz andere Art und Weise, einen ganz besonderen Eindruck auf mich hinterlassen - er hat eine riesige Ausstrahlung und eine (nach all den Jahren immer noch) grandiose Stimme. Der Veranstaltungsort passte wunderbar zu diesem Konzert, bei dem man das Gefühl hatte, Glenn Hughes wirklich hautnah kennenzulernen.

Setliste (ohne Gewähr auf Korrektheit und/oder Vollständigkeit):

Coast to Coast
Night In White Satin
I Found A Woman
Mistreated
It's About Time
Will Our Love End
Sail Away
Imperfection
Satellite
This Time Around
Sea Full
Holy Man

Zugabe:
You Keep On Moving

Fotos und Text: Lars Wehmeyer